Sie tanzten vor dem Teheraner Freiheitsturm, jetzt sitzt das junge iranische Paar im Gefängnis. Das Regime hat die Strafe bestätigt – sie soll allerdings geringer sein als von Aktivisten zunächst berichtet.
Die iranische Justiz hat eine Haftstrafe für ein junges Paar verkündet, das mit einem Tanzvideo für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Wie das Justizportal Misan am Mittwoch mitteilte, wurden Astijazh Haghighi, 21, und ihr Verlobter Amir Mohammad Ahmadi, 22, wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit zu jeweils fünf Jahren Haft verurteilt. Die beiden Blogger hätten in den sozialen Medien zu Protesten aufgerufen, lautete der Vorwurf.
DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.
Damit widersprach die Justiz Aktivisten, die am Dienstag eine andere Version veröffentlicht hatten. Nach Informationen der Aktivisten wurden die Blogger von einem Revolutionsgericht in Teheran nach der Veröffentlichung eines Tanzvideos zu jeweils mehr als zehn Jahren Haft verurteilt. Ahmadi und Haghighi seien bereits Anfang November festgenommen worden, berichtete die Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) mit Sitz in den USA.
Tanz vor dem Freiheitsturm
Ein Video hatte die beiden Blogger tanzend und Haghighi ohne Kopftuch vor dem Freiheitsturm in der Hauptstadt Teheran gezeigt. Beides ist in Iran in der Öffentlichkeit verboten. Es gab keine Angaben dazu, wann das Video veröffentlicht worden war. Den Aktivisten zufolge wurde das Paar auch wegen »Verbreitung von Verderbtheit« verurteilt.
In Iran protestieren seit Monaten weite Teile der Bevölkerung, vor allem junge Frauen gingen anfangs gegen die Regierung auf die Straßen. Auslöser der jüngsten Protestwelle war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September. Sie war von der sogenannten Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen islamische Kleidungsvorschriften festgenommen worden.
Die Behörden gehen brutal gegen die Demonstranten vor, bisher sind bereits mehrere Todesurteile vollstreckt und rund 14.000 Menschen festgenommen worden. Überlebende berichten von systematischer Folter. In den vergangenen Wochen nahmen die Straßenproteste wieder ab. Ihren Unmut drücken viele Frauen inzwischen durch zivilen Ungehorsam aus, etwa indem sie den Kopftuchzwang ignorieren.
Kritik von Rohani an der Regierung
Irans ehemaliger Präsident Hassan Rohani, der einst als Reformer angetreten war, hat angesichts der Proteste eine tiefe Spaltung der Gesellschaft beklagt. Diese habe sich in den vergangenen Monaten manifestiert, sagte der 74-Jährige am Mittwoch in Teheran, wie das schiitische Nachrichtenportal Shafaqna berichtete. »Es ist eine wichtige Aufgabe der Verantwortlichen, die Wurzeln der Proteste zu finden und auf die Menschen einzugehen.«
Rohani warf der Regierung unter dem amtierenden Präsidenten Ebrahim Raisi fehlende Legitimität vor: »Der Schlüssel zur Lösung der heutigen Probleme liegt in der Rückkehr zu kompetitiven Wahlen mit einer breiten Beteiligung der Bevölkerung.« Raisi war im Sommer 2021 mit der niedrigsten Wahlbeteiligung in der Geschichte der Islamischen Republik an die Macht gekommen.
Bereits in den vergangenen Wochen hatten sich Politiker, die wie Rohani dem Reformlager zugeordnet werden, mit gemäßigten Tönen um Versöhnung bemüht. Vor allem viele junge Demonstranten lehnen aber auch die Positionen der Reformpolitiker ab. Reformen seien nicht möglich, lautete oft der Vorwurf der Demonstranten. Sie fordern stattdessen einen Sturz des islamischen Herrschaftssystems.
News zum Russland-Ukraine-Krieg: Das geschah in der Nacht zu Donnerstag (2. Februar)
Diesen Monat jährt sich Russlands Einmarsch in die Ukraine – Präsident Selenskyj befürchtet schwere Attacken. Und: Die Wagner-Gruppe will russischen Politikern Auslandsreisen verbieten lassen. Die jüngsten Entwicklungen. Was in den vergangenen Stunden geschah In Kramatorsk im Osten der Ukraine sind nach Polizeiangaben bei einem russischen Raketenangriff drei Menschen getötet und etwa 20 weitere Menschen verletzt […]