Der deutsche Kanzler Olaf Scholz brauchte Monate, um zu entscheiden, ob sein Land der Ukraine den Kampfpanzer Leopard 2 A6 liefern soll oder nicht. Um diese Frage entspann sich denn auch die sogenannte Kampfpanzerdebatte. Wann wurde die Bevölkerung letztmals so intensiv über die eigenen Waffensysteme aufgeklärt? In Zeitungen erschienen Artikel mit Überschriften wie «Mit der S-Klasse in den Krieg». Der «Leo», wie er von Journalisten auch liebevoll genannt wird, wurde als eine Kampfmaschine der Superlative präsentiert: maximale Geschwindigkeit vorwärts 70 km/h, 120-mm-Glattrohr-Kanone, Reichweite von bis zu 5 Kilometern.
Als Scholz nach fast einem Jahr die Entscheidung bekanntgab, vierzehn Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern, kannte die Freude mancher Politiker und Journalisten keine Grenzen. «Der Leopard ist befreit!», twitterte die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt. Deutschland lasse seine Leoparden frei, echote es in den Zeitungen. Während der SPD-Kanzler eine Politik des Zauderns etabliert, ist der grüne Koalitionspartner im Kriegsfieber.
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock erklärte denn auch vor dem Europarat: «Wir führen einen Krieg gegen Russland.» Das wirkt entschlossen und engagiert, ist aber faktisch falsch. Und es mutet besonders unernst an, wenn man bedenkt, dass Deutschland Wochen brauchte, um lediglich fünftausend Helme in die Ukraine zu liefern. Und ein Jahr für vierzehn Panzer. Während Scholz seine Hilfe immer so dosiert, dass er weder die Russen noch die Ukrainer, noch die eigene Bevölkerung allzu sehr verärgert, bläst die Aussenministerin zum Angriff. Die deutsche Regierung bietet damit Mutlosigkeit und Übereifer in einem.
«Ist der afrikanische Kontinent (. . .) ein Witz für Sie?»
Baerbocks Kommunikationsabteilung orientiert sich selbstverständlich an der Chefin. Während der Kanzler Russland um keinen Preis provozieren will, geht das Social-Media-Team des Auswärtigen Amtes mit den Russen in den Infight. Als deren Aussenminister Sergei Lawrow vor wenigen Tagen Afrika besuchte, twitterten Baerbocks Leute: Lawrow sei nicht in Afrika, um Leoparden zu sehen, sondern um Kriegspropaganda zu verbreiten. Es wirkte geradezu hämisch.
Doch das Auswärtige Amt schoss daneben. Bald hatte es nicht Russen, sondern Afrikaner gegen sich aufgebracht. Eine Sprecherin der Afrikanischen Union fragte auf Twitter, ob die deutsche Aussenministerin bei ihrer letzten Reise nur nach Afrika gekommen sei, um Tiere anzuschauen. «Ist der afrikanische Kontinent (. . .) ein Witz für Sie?» Ein deutscher Diplomat bemühte sich um Übersetzungshilfe: Mit dem Leoparden-Emoji sei nicht das Tier gemeint, sondern der deutsche Panzer. Nun wurde die afrikanische Sprecherin gewissermassen auch noch als Idiotin hingestellt, als hätte sie von einem Leopard-Panzer noch nie gehört. Diese twitterte zurück: Man solle vorsichtig sein und nicht koloniale Klischees bedienen, um billige geopolitische Punkte zu machen.
Aussenpolitik auf Emoji-Niveau
Aussenpolitik auf Emoji-Niveau ist keine gute Idee, wie das Beispiel zeigt. Aber vielleicht ist das Bild symptomatisch für die deutsche Diplomatie: hier eine Aussenministerin, die sich in der sicheren Heimat als Waffenschwester der Ukrainer geriert. Da ein zeitenwendeverkündender Kanzler, der hinter seinen Worten stets zurückbleibt. Geradezu nüchtern, vernünftig klingt da für einmal Bodo Ramelow, ein Politiker der Linkspartei. Die Ukraine müsse in der Lage sein, sich gegen ihren Angreifer zu verteidigen. Dazu gehöre auch die Lieferung von Waffen. Das sollte der deutschen Regierung zu denken geben.
Ukrainische Truppen sollen verbotene «Schmetterlingsminen» eingesetzt haben
Antipersonenminen gehören zu den niederträchtigsten Mitteln der Kriegsführung. Einmal platziert, wartet eine solche Mine geduldig auf ihr nichtsahnendes Opfer. Ob es sich dabei um einen feindlichen Soldaten, eine Zivilistin oder ein spielendes Kind handelt, kann jener, der sie einsetzt, nicht wissen. Es darf also kaum überraschen, dass die Verwendung solcher Sprengsätze Völkerrecht verletzt. Mittlerweile ist […]